Der Kreuzverleih – Israel
Wie rasend schnell und wohl strukturiert eine ganze Nation geimpft werden kann, hat Israel eindrucksvoll bewiesen und findet entsprechend schnell zur Normalität zurück … Wobei, normal …?
Wie außergewöhnlich Israel ist, lassen schon die Beinamen ahnen, die man dem kleinen Staat gegeben hat: „Das Gelobte Land“, „das Heilige Land“, „das Land in dem Milch und Honig fließen“. Dass Israel kein Urlaubsort wie jeder andere ist, weiß jeder. Hier wurde Menschheitsgeschichte geschrieben. In Jerusalem zum Beispiel. Hier ringen gleich drei Weltreligionen um ihren Platz. Als „Nichtmoslem“ bleibt einem der Besuch in der Al-Aqsa-Moschee leider verwehrt. Aber schon der benachbarte Felsendom ist auch von außen ein mit Millionen Mosaiksteinen verziertes Schmuckstück. Von hier oben aus soll der Prophet Mohammed auf seinem Pferd Buraq in den Himmel aufgestiegen sein. Verblüffend nahe liegt die Klagemauer, an der gläubige Juden beten und in deren Ritzen sie kleine Zettel mit ihren Wünschen an Gott stecken. Während viele Muslime eine Etage weiter oben Kopftuch und Gebetskappe tragen, verbergen die orthodoxen Jüdinnen am Fuß des Tempelberges ihre Haare unter einer Perücke oder einem Haarnetz. Die Männer haben Schläfenlocken und tragen dunkle Hüte. Besonders beeindruckend sind die Schtreimel, eine Art Pelzmütze mit einem breiten Fellrand.
Wer sich für das strenge jüdische Leben interessiert, den begleiten unsere Guides auch nach Mea She’arim, einem der ältesten Stadtviertel von Jerusalem, zu einem Besuch mit einem gemeinsamen Abendessen bei einer ultraorthodoxen Familie. Ich bin immer so dankbar für solche echten Begegnungen.
Unfassbar interessant und ehrlich gesagt total absurd ist dann noch ein Besuch beim Kreuzverleiher Mazan Kanaan. Am Rand der Via Dolorosa verteilt er Kreuze an christliche Pilger. Die Gläubigen schultern ihre bis zu 45 Kilo schwere, hölzerne Last und gehen damit singend, schwitzend und betend den Leidensweg Christi entlang. Mazan verleiht die Kreuze schon in der 5. Generation. Die Kanaans sind Moslems und wurden vor rund 100 Jahren mit dieser Aufgabe betraut, damit es zwischen den unterschiedlichen christlichen Gemeinden keinen Streit über dieses Privileg geben sollte. Eine clevere Lösung! Übrigens: Auch der Schlüssel der Grabeskirche, einer der heiligsten Stätten des Christentums, wird von zwei muslimischen Familien verwahrt. So wird möglichen Besitzansprüchen der verschiedenen Konfessionsgruppen vorgebeugt.